HANDELSBLATT INSIDE REAL ESTATE | 27.07.2021

Impact Investing „Viele Akteure scheuen vor wirkungsorientierten Anlagestrategien zurück”

 

Nach Ansicht von Sophie Kazmierczak wird in Deutschland zwar viel über Impact Investing geredet, aber wenig in die Tat umgesetzt. Ein von ihr ins Leben gerufener Arbeitskreis soll den Weg für wirkungsvolle Immobilieninvestments ebnen.

Frau Kazmierczak, Sie haben gemeinsam mit Tanja Volksheimer einen Arbeitskreis Immobilien innerhalb der Bundesinitiative Impact Investing gegründet. Warum erst jetzt?

Sophie Kazmierczak: Die Gründung der Bundesinitiative Impact Investing, dieals Verein organisiert ist, hatte einen längeren Vorlauf. Das Ziel der Initiative war und ist es, ein Ökosystem rund um Impact Investing zu schaffen – von verbindlichen Definitionen bis hin zur Wirkungsmessung. Denn obwohl vielüber die sich aus EU-Taxonomie und Offenlegungsverordnung ergebendenAnforderungen und entsprechendes Investieren geredet wird, fehlt es insbesondere im deutschsprachigen Raum noch an einer Basis, einem Fundament. Im angelsächsischen Raum ist man da viel weiter.


Speziell bei Immobilien ist das Thema aber doch sehr angesagt, seit die EU die Taxonomie zu ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien (ESG) angekündigt und eingeführt hat.

Ja, das stimmt, die Relevanz des Gebäudesektors für das Erreichen der Pariser Klimaziele wird viel mehr diskutiert als noch vor ein paar Jahren. Auf diesem Stand verharrt die Debatte allerdings meist. Den Worten müssen im nächsten Schritt auch Taten folgen. Außerdem geht es vielen Akteuren bei dem Thema Impact im Immobilienbereich häufig primär um ökologische Aspekte. Doch auch die soziale Dimension beeinflusst uns täglich, vom knappen Wohnraum in Ballungsräumen bis hin zum Zugang zu qualitativ hochwertigen Bildungsbauten. Und bei der „Governance“ denken viele, mit einem Fragebogen zur Nutzerzufriedenheit sei es getan. Wichtig ist daher eine ganzheitliche Betrachtungsweise. Insgesamt müssen wir feststellen: Nur weil etwas nicht neu ist, heißt es noch lange nicht, dass es schon funktioniert oder in die Tat umgesetzt wird.

Welche Ziele haben Sie sich im Arbeitskreis konkret gesetzt?

Wir wollen verschiedene Akteure aus Wissenschaft und Praxis, von Verbänden, Instituten und Start-ups zu einem Erfahrungsaustausch zusammenbringen. Denn was die Regulierung verändert hat, ist, dass sich viele jetzt den Kopf zerbrechen: Was bedeutet welche Formulierung überhaupt, wie lassen sich Anforderungen konkret umsetzen und die Wirkung eines Investments steuern? Auf welche Wirkung ziele ich als Investor ab und wie kann ich nach Ankauf einer Immobilie sicherstellen, dass ich mit meiner Investition dieses Ziel auch erreiche und messbar gestalte? Wir holen uns dazu auch Input von Forschungsinstituten und externen Referenten.

Das klingt nach ziemlich viel Vorarbeit. Hat die Branche Zeit dafür?

Es lohnt sich, denn das Schlimmste, was passieren kann, ist „Impact-Washing“ – nach dem Motto, ich habe eine Kita in mein Portfolio geholt, jetzt bin ich Impact Investor. Gerade für die soziale Dimension fehlt es an Messbarkeit und etablierten Marktstandards, daran werden wir arbeiten. Das Gleiche gilt für „Governance“-Kriterien.

Sie arbeiten selbst als Sustainable-Finance-Managerin bei der Investmentgesellschaft Next Generation Invest. Wie erleben Sie das Angebot an wirkungsorientierten Investitionsmöglichkeiten im Arbeitsalltag?

Das Angebot ist überschaubar bei hohem Kapitalanlagedruck, diese Kritik von Managern und Investoren kann ich nachvollziehen. Aber wer deswegen die Hände in den Schoß legt, macht es sich zu leicht: Es kommt immer darauf an, welche Mindestanforderungen ich an ein Impact Investment definiere und welche Verbesserungen ich durch mein Engagement darüber hinaus in der Haltephase identifizieren und umsetzen kann. Es ist nicht richtig zu glauben, dass eine Investitionsmöglichkeit nur wirkungsorientiert sein kann, wenn ein Projekt von Anfang an nahezu perfekt dasteht. Als Investor kann ich ebenso Wirkung entfalten, wenn ich eine Immobilie mit der Intention kaufe, die positive Wirkung der Immobilie nach Ankauf durch verschiedene Maßnahmen zu erhöhen und gleichzeitig mögliche negative Wirkungen zu reduzieren.

Wie werden diese Möglichkeiten in der Branche wahrgenommen?

Viele Akteure scheuen aktuell vor wirkungsorientierten Anlagestrategien zurück, da sie einen erhöhten Kosten- und Personalaufwand vermuten. Doch vielfach gibt es „Win-win-Effekte” – zum Beispiel, indem ich darauf achte, dass Mietverträge so ausgestaltet sind, dass sie zu einem guten Verhältnis zu Mietern und damit perspektivisch langfristigen Mietverhältnissen führen. Bei Neubauvorhaben fällt die Berücksichtigung von Impact-Aspekten leichter. Um so früher ich in ein Projekt einsteige, desto mehr kann ich mich als Investor mit meinen Ideen einbringen.

Geld reinstecken und für sich arbeiten lassen funktioniert also nicht mehr? 

Das funktioniert auf Dauer sowieso nicht. Wenn ich wirkungsorientiert und nachhaltig investieren will, muss ich besonders aktiv managen.

Wie lange wird es Ihrer Ansicht nach dauern, bis Impact Investing bei Immobilien normal wird?

Das ist schwierig zu sagen. Wir gehen davon aus, dass wir im Laufe des kommenden Jahres die erforderliche „Grundlagenarbeit“ im Rahmen unseres Arbeitskreises abgeschlossen haben werden. Bis ein allgemeiner, fest definierter Rahmen steht, der allen Marktakteuren als Orientierung dienen kann, könnten vielleicht drei Jahre vergehen – und dann wird man sehen müssen, wann Impact Investing in Immobilienportfolios zum sogenannten Mainstream wird.

Frau Kazmierczak, vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Kristina Pezzei

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